Arbeiten im Homeoffice: Was Sie rechtlich wissen sollten
Das Arbeiten im Homeoffice ist aus der modernen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Doch wie steht es um die rechtlichen Rahmenbedingungen? Haben Arbeitnehmer*innen ein Recht auf Homeoffice, und welche Vorschriften gelten in Bezug auf Arbeitsmittel, Kontrolle oder Unfallversicherung? Frau Mag.a Biljana Milanovic, Rechtsreferentin bei der Arbeiterkammer Steiermark, beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.
CONEDU: Habe ich als Arbeitnehmer*in ein „Recht auf Homeoffice“ ?
Mag.a Biljana Milanovic: Grundsätzlich nicht. Arbeitnehmer*innen haben keinen Rechtsanspruch, von zu Hause aus zu arbeiten. Homeoffice bedarf einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen.
Wie kann ich mit meiner Arbeitgeberin bzw. meinem Arbeitgeber Homeoffice vereinbaren?
Wenn der anzuwendende Kollektivvertrag für Ihre Branche eine Rahmen- oder Mustervereinbarung für Homeoffice enthält, dann können Sie bei der inhaltlichen Gestaltung Ihrer Homeoffice-Vereinbarung darauf zurückgreifen. Eine Vereinbarung von regelmäßigem Homeoffice hat schriftlich zu erfolgen, entweder im Arbeitsvertrag oder als Zusatzvereinbarung. Auf der Homepage der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer können Sie Mustervorlagen finden.
Wo darf ich Homeoffice machen? Was ändert sich ab 01.01.2025 durch das neue Telearbeitsgesetz?
Die Telearbeits-Novelle soll mit 01.01.2025 in Kraft treten und soll im Unterschied zur derzeit geltenden Bestimmung die Überschrift nunmehr „Telearbeit“ und nicht mehr „Homeoffice“ lauten. Es soll damit verdeutlicht werden, dass die arbeitsrechtlichen Bestimmungen nunmehr auch auf Arbeiten außerhalb von Wohnungen/Wohnhäusern Anwendung finden.
„Telearbeit“ soll zukünftig vorliegen, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer regelmäßig Arbeitsleistungen insbesondere unter Einsatz der dafür erforderlichen Informations- und Kommunikationstechnologie in ihrer oder seiner Wohnung oder in einer von ihr oder ihm selbst gewählten, nicht zum Unternehmen gehörenden Örtlichkeit erbringt.
Somit kommen zukünftig als Örtlichkeiten für die Telearbeit neben der Wohnung/dem Wohnhaus am Haupt- oder Nebenwohnsitz der Arbeitnehmer:innen und einer Wohnung von deren Angehörigen etwa auch Räumlichkeiten von Coworking-Spaces (das sind organisatorisch eingerichtete, von den Arbeitnehmer*innen angemietete Büroräumlichkeiten) oder andere von Arbeitnehmer*innen gewählte Orte (wie etwa Internetcafés) in Betracht.
Die Telearbeit an sich sowie die Orte, an denen diese erbracht werden kann, ist zwischen den Arbeitnehmer*innen und den Arbeitgeber*innen aus Beweisgründen schriftlich zu vereinbaren, da die Verlagerung des Ortes der Erbringung der Arbeitsleistung in der Regel eine grundlegende Abweichung von der bisherigen arbeitsvertraglichen Vereinbarung darstellt.
Zu beachten ist, dass im Zusammenhang mit dem Unfallversicherungsschutz nach dem ASVG und B-KUVG zwischen Telearbeit im engeren Sinn und Telearbeit im weiteren Sinn differenziert wird und sich daraus Unterschiede bei dem unfallversicherungsrechtlichen Wegeschutz ergeben. Dies wird von Seiten der Gewerkschaft und Arbeiterkammern heftig kritisiert.
Darf mich mein Arbeitgeber im Homeoffice kontrollieren?
Grundsätzlich gelten für Kontrollmaßnahmen im Homeoffice dieselben Regelungen wie im Betrieb, welche zu beachten sind. Es kommt stets auf die Kontrollintensität an. Die Arbeitgeber*innen haben die betroffenen Arbeitnehmer*innen und den Betriebsrat darüber zu informieren.
In Betrieben mit Betriebsrat dürfen Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, nur eingesetzt werden, wenn der Betriebsrat mittels Betriebsvereinbarung zugestimmt hat. Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, sind z.B. Kontrolle des E-Mailverkehrs; Kontrolle der Internetnutzung; automationsunterstützte Telefonsysteme, welche personenbezogene Daten erfassen; systematische Aufzeichnung der Arbeitsleistung mit technischen Mitteln. Der Einsatz dieser Maßnahmen ist ohne Betriebsvereinbarung rechtswidrig.
In Betrieben ohne Betriebsrat dürfen Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, nur mit Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer*innen eingesetzt werden.
Festzuhalten ist, dass Maßnahmen, die die Menschenwürde verletzen, jedenfalls verboten sind. Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde verletzen, sind z.B. heimliches Abhören von Telefongesprächen; ständige Webcam-Aufnahmen, die dokumentieren, wann die Arbeitnehmer*innen vor dem PC sitzen; Überwachung durch lückenloses Erfassen der Aktivität von Tastatur und Maus. Solche Kontrollmaßnahmen stehen in ihrer Intensität in keinem Verhältnis zu einem rechtmäßigen Kontrollzweck, da sie permanent überwachen und sogar in den Privatbereich der Arbeitnehmer*innen eingreifen. Derartige Maßnahmen sind jedenfalls unverhältnismäßig und unzulässig.
Muss ich meine Arbeitsmittel selbst besorgen oder werden mir diese von meiner Arbeitgeberin bzw. meinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt?
Grundsätzlich gilt, dass die Kosten, welche Arbeitnehmer*innen bei der Tätigkeit für die Arbeitgeber*innen in deren Interesse entstehen, durch die Arbeitgeber:innen auch ersetzt werden müssen. Dies gilt auch im Homeoffice.
Arbeitgeber*innen haben die für das regelmäßige Arbeiten im Homeoffice erforderlichen digitalen Arbeitsmittel bereitzustellen. Wird vereinbart, dass Arbeitnehmer*innen die digitalen Arbeitsmittel selbst bereitstellen, haben die Arbeitgeber*innen die angemessenen und erforderlichen Kosten dafür zu ersetzen. Die Kosten können auch in Form einer Pauschale abgegolten werden.
Unter bestimmten Voraussetzungen haben Arbeitnehmer*innen einen Anspruch auf eine Homeoffice-Pauschale.
Welche Vorschriften sind sonst noch zu beachten (z.B. in Bezug auf einen ergonomischen Arbeitsplatz, Bildschirmarbeit, etc.)?
Das Bundesministerium für Arbeit hat in Zusammenarbeit mit der Arbeitsinspektion, der Gewerkschaften, der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung einen Leitfaden zum Arbeitnehmer:innenschutz im Homeoffice erstellt. Der Leitfaden bietet einen Überblick über das Thema ArbeitnehmerInnenschutz im Homeoffice: Leitfaden Homeoffice
Was passiert, wenn ich mich im Homeoffice verletze? Oder wenn ich irrtümlich den Firmen-Laptop beschädige?
Wenn Arbeitnehmer*innen einen Unfall erleiden, welcher in einem eindeutigen Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit steht, dann handelt es sich um einen Arbeitsunfall. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz bezieht sich auf die Unfälle, die sich aus der beruflichen Tätigkeit heraus ergeben. Unfälle in der Privatsphäre sind dadurch nicht abgedeckt.
Daraus ergibt sich die Schwierigkeit bei Unfällen im Homeoffice. Ob ein Unfall in der Wohnung nun tatsächlich ein Arbeitsunfall war, muss im Einzelfall beurteilt werden. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist dies allerdings gar nicht so einfach.
Wenn Arbeitnehmer*innen oder anderen Personen im Homeoffice ein Missgeschick passiert, z.B. fällt der Firmen-Laptop zu Boden und wird dabei beschädigt, dann gelten die Haftungserleichterungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (DHG) für Schäden, die der Arbeitgeber*innenseite bzw. deren Eigentum im Homeoffice zugefügt werden, für die Arbeitnehmer*innnen und auch für deren Angehörige im gemeinsamen Haushalt. Der Schadenersatzanspruch kann je nach Grad des Verschuldens gemindert werden oder sogar ganz entfallen.
Ich habe weitere Fragen zum Homeoffice – Wo kann ich mich informieren?
Die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer steht für rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Homeoffice (bzw Telearbeit) sehr gerne zur Verfügung: Telearbeit und Homeoffice
Dieses Interview entstand im Zuge des Projekts „Best Practice in Online-Barcamps“ (Barcamp für Arbeitnehmer*innen im Homeoffice); gefördert von der AK Steiermark, Projektfonds Arbeit 4.0.